Die Kastelle am obergermanisch rätischen Limes in Baden-Württemberg

Allgemeines: Entlang des gesamten Limes in Deutschland befanden sich an die 100 Kastelle und eine nicht bestimmte Anzahl an Kleinkastellen und so genannten Feldwachen.  Oftmals erfuhren diese Lager im Laufe der Zeit verschiedene Ausbauzustände. Wurden viele Kastelle am Anfang der römischen Besatzungszeit noch aus Holzpalisaden und einem dahinterliegenden Erdwall erbaut, wich die Palisade im Laufe der Zeit einer steinernen Schutzmauer. Oftmals wurden die Anlagen bei diesem Umbau auch gleich vergrössert. Die Besatzung dieser Kastelle waren sogenannte "Auxiliartruppen", was nichts anderes heisst, als dass es sich bei den Soldaten nicht um römische  Bürger handelte, sondern um Hilfstruppen, welche sich aus der örtlichen germanischen Bevölkerung rekrutierten oder aus den verschiedensten römischen Provinzen hierher verlegt wurden. Die grossen Legionen, welche ausschliesslich aus Soldaten bestanden welche das römische Bürgerrecht besassen, waren in Strassburg, Mainz oder Regensburg stationiert. Sie waren zwar für die Sicherheit im Limeshinterland zuständig, und konnten nur spät in eventuelle Überfälle seitens der Germanen eingreifen. 

Aufgabe: Während die Hauptaufgabe der Kohorten und Alen am Limes die Verteidigung war, beschränkte sich das Aufgabengebiet der Besatzung von Kleinkastellen und der noch kleineren Form, der sogenannten Feldwache darauf, besondere Abschnitte am Limes zu überwachen, wofür ein Turm mit einer durchschnittlichen Besatzung von 4 Mann nicht ausgereicht hätte. Dies waren hauptsachlich Limesdurchgänge oder natürliche Geländeformationen, die zu einem unerlaubten Grenzübertritt einluden.

Aufbau: Die Kastelle entsprachen zumeist dem gleichen Muster. Der Grundriss war meist quadratisch. Grössere Kastelle besassen drei bis vier Tore, an die sich im Inneren die Lagerstrassen anschlossen, kleinere Kastelle hingegen kamen mit nur einem, beziehungsweise zwei Tordurchlässen aus. Meist waren an beiden Flanken der Tore hervorspringende Wehrtürme angebracht um die Durchgänge zu sichern. Die Kastellecken waren zumeist abgerundet. Je nach Grösse des Kastells findet man einen oder mehrere Zwischentürme entlang der Kastellmauern. Ebenfalls fester Bestandteil waren die Gräben, die um das Kastell gezogen wurden. Auch hier findet man, abhängig von der Grösse der Anlage, eine unterschiedliche Anzahl. Die Mannschaftsbaracken waren im Innern des Kastells aufgereiht. Zentrales Gebäude war das Stabsgebäude ( principia ), das die Kommandantur und das Fahnenheiligtum ( sacellum ) beherbergte. Fester Bestandteil eines jeden Kastells war der sogenannte "vicus". Ein Dorf, das sich um ein Kastell bildete und oftmals Veteranen beherbergte, die dann zivilen Berufen, wie Handwerker oder Gastwirt nachgingen. Ebenfalls waren in diesen Kastelldörfern die Familien, der in den Kastellen stationierten Soldaten, ansässig. Diese Siedlungen blieben auch nach Abzug des Militärs bestehen und entwickelten sich teilweise zu Handelsstützpunkten, wobei das verlassene Kastell mit einbezogen wurde. Am Beispiel Walheim lässt sich diese Entwicklung deutlich erkennen. Nicht wegzudenken waren die, häufig etwas abseits gelegenen, Kastellbäder. Sie dienten nicht nur dem Zweck der Reinigung, sondern waren auch ein Ort der Entspannung, Erholung und Geselligkeit. Sie hatten einen so hohen Stellenwert, dass sie manchmal auch auf eigene Kosten vergrössert oder wieder aufgebaut wurden, nachdem das alte Bad zerstört worden oder zu klein geworden war. ( Kastellbad Walldürn )


Plan eines Kohortenkastells mit 4 Durchfahrten, 2 Gräben und Zwischentürmen 

1 - 4: Kastelltore ( Porta praetoria, Porta decumana, Porta dextra, Porta sinistra )
5 Stabsgebäude ( Principia )
6 Versammlungsraum der Truppe
7 Wohnung des Kommandanten ( Prätorium )
8 + 9 Magazine und  Proviantlager ( Horreum )
10 Mannschaftsbaracken ( Centuriae )
11 Lazarett ( Valetudinarium
)

Besatzung: 

    Kleinkastelle: bis ca. 20 Mann Infanterie
    Numeruskastelle: bis ca. 150 Mann Infanterie

    Kohortenkastelle:

    Hierbei gab es mehrere Arten der Besatzung:

    "cohors quingenaria pedita. Eine Infanterie Einheit von ca. 500 Mann.
    "cohors milliaria pedita" Eine ca. 1000 Mann zählende Infanterie Einheit.
    "cohors quingenaria equitata". Eine gemischte Besatzung aus Reitern und Infanteristen ca. 500-800 Mann.
    "cohors milliaria equitata". Eine gemischte Besatzung aus 800 Infanteristen und ca. 250 Reitern.

    Alenkastelle: ( Reiter )

    Auch hier gab es zwei Typen:

    "Ala quingenaria". ca. 500 Reiter.
    "Ala milliaria". ca. 1000 Reiter.

Die Kastelle im Einzelnen:

     ( Anm.: die mit einem Stern * versehenen Kastelle sind nicht, oder nicht mehr sichtbar. Miltenberg liegt zwar in Bayern, ist der Vollständigkeit halber aber mit aufgezählt.  )

KASTELL TRUPPE GRÖSSE
Kohortenkastell Miltenberg   cohors I sequanorum et rauracorum equitata  2,4 ha
Numeruskastell Miltenberg numerus exploratorum seiopensium  0,6 ha
Kleinkastell Haselburg unbekannt  0,15 ha
Numeruskastell Walldürn exploratores stu.....??  0,8 ha
Kleinkastell Altenheimer Strasse * unbekannt  0,16 ha
Kleinkastell Hönehaus unbekannt  0,2 ha
Kleinkastell Rinschheim * unbekannt  0,3 ha
Kohortenkastell Osterburken cohors III aquintanorum equitata civium romanorum  2,14 ha
Numeruskastell Osterburken numerus brittonum elantiensium  1,35 ha
Kohortenkastell Jagsthausen cohors I germanorum civium romanorum  3 ha
Kleinkastell Sindringen * unbekannt  625 qm ?
Numeruskastell Westernbach * unbekannt  1 ha
Kohortenkastell Öhringen * cohors I helvetiorum  2,4 ha
Rendelkastell Öhringen * numerus brittonum cal. und numerus brittonum m.  2,16 ha
Kohortenkastell Mainhardt cohors I asturum equitata  2,4 ha
Kleinkastell Mainhardt * unbekannt  484 qm
Kleinkastell Hankertsmühle * unbekannt  324 qm
Numeruskastell Murrhardt * unbekannt  0,81 ha
Kohortenkastell Murrhardt cohors XXIV voluntariorum civium romanorum  2,2 ha
Kleinkastell Ebnisee * unbekannt  450 qm
Kleinkastell Rötelsee unbekannt  324 qm
Numeruskastell Welzheim ( ost ) numerus brittonum l... und exploratores ...  1,63 ha
Alenkastell Welzheim ( west ) * ala I scubulorum  5,5 ha
Kohortenkastell Lorch unbekannte cohors quingenaria equitata  2,47 ha
Kleinkastell Kleindeinbach * unbekannt  600 qm
Kleinkastell Freimühle * unbekannt  0,29 ha
Kohortenkastell Schirenhof cohors flavia I raetorum  2 ha
Kleinkastell Herlikofen * unbekannt  223 qm
Kohortenkastell Böbingen unbekannt  2 ha
Alenkastell Aalen ala II flavia ( milliaria )  6 ha
Kohortenkastell Buch unbekannt  2,1 ha
Numeruskastell Halheim * unbekannt  0,67 ha