Die römische Religion in Germanien

Allgemein: Die römische Religion basiert auf einer Vielzahl von Göttern, auf deren Nennung im Gesamten ich hier verzichten möchte. Dazu gibt es spezielle Fachliteratur, die sich ausgiebig mit diesem Thema auseinandersetzt. Ich möchte lieber auf ein paar Besonderheiten eingehen, auf die man immer wieder trifft, wenn man sich mit der römischen Zeit in Deutschland auseinandersetzt.

Jupitergigantensäulen: Die Verehrung des Jupiter, dem höchsten Gott Roms, wird man hierzulande hauptsächlich anhand von sogenannten "Jupitergigantensäulen" gewahr. Ich will den Aufbau einer solchen Säule mal anhand eines, in Hausen an der Zaber gefundenen Exemplares, verdeutlichen. Die Darstellung auf der Spitze dieser Säulen zeigt Jupiter, ein Blitzbündel in der Hand haltend, wie er über einen Giganten, ein menschenähnliches Wesen mit Schlangenbeinen, hinweg reitet. Dies soll des Sieg der Ordnung ( Jupiter ) über das Chaos ( Giganten ) symbolisieren, eine Geschichte aus der römischen Mythologie.  Im obergermanischen Raum wird Jupiter interessanterweise häufig auf einem Pferd reitend dargestellt und nicht mit einem Viergespann fahrend, wie es auf normalen römisch-griechischen Darstellungen der Fall ist. Diese Besonderheit findet sich nur hier im obergermanischen Raum. Der Grund ist bisher noch nicht geklärt, es werden aber keltische Einflüsse für diese ungewöhnliche Darstellung angenommen. Dies ist bei weitem nicht ungewöhnlich, da die Bewohner des Limeshinterlandes hauptsächlich Kelten waren und ihr Glauben in die römische Religion mit einfloss beziehungsweise, sich mit ihr vermischte. Unterhalb der Jupiterdarstellung stehen meistens die Abbildungen der vier Jahreszeiten gefolgt von einem verzierten Schaft. Der Säulenschaft zeigt normalerweise ein Schuppenmuster, manchmal aber auch ein Ornament aus Weinreben, ein Indiz, dass auch der Weinanbau unter besonderen Schutz Jupiters stand und der Auftraggeber dieser Säule diesen besonderen Schutz bei der Verehrung auch erhofft hat.

Der Oberteil der Säule mit der Reitergruppe und den vier Jahreszeiten. Darunter ein Teil des Säulenschaftes.

Unterhalb des Schaftes befand sich ein Abschnitt mit acht Flächen, auf denen die Planetengötter abgebildet waren, welche die einzelnen Wochentage repräsentierten. Sol, für Sonntag, Luna für Montag, Mars für Dienstag, Merkur für Mittwoch, Jupiter für Donnerstag, Venus für Freitag und Saturn für Samstag. Die achte ( vordere ) Seite zeigt Victoria, die Göttin des Sieges.

Der Wochengötterstein, mit Victoria auf der Vorderseite.

Den untersten Teil der Säule bildet der sogenannte Viergötterstein welcher auf einem dreistufigen Unterbau ruht. Die Säule von Hausen zeigt vorne die Weiheinschrift, auf der linken Seite ( siehe Bild ) ist Apollo zu sehen. Gegenüber findet man die Abbilder von Venus und Vulkan, und auf der hinteren Seite sieht man das Abbild von Diana.

Der Viergötterstein mit Unterbau. Vorne ist die Weiheinschrift angebracht.

 Mithraskult: Der Kult um den Lichtgott Mithras stammt ursprünglich aus Persien und wurde wahrscheinlich von Soldaten oder Siedlern  mitgebracht. Wiederum geht es hier um den Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Licht und Dunkel, zwischen Entstehen und Vergehen. Mithras besiegte den Urstier und erschuf danach Welt neu. Diese Szene ist auch Mittelpunkt eines jeden Mithrasreliefs, während um diese Szene herum, die Titel und Heldentaten aufgereiht sind. Am berühmtesten ist in diesem Zusammenhang wohl das Mithrasrelief aus Osterburken ( siehe unten ). Der Aufbau einer Kultstätte lässt sich am besten am Beispiel Mundelsheim zeigen. Die eigentliche Kultstätte war nicht mehr als ein vertiefter Gang ( spilea ), welcher die Höhle symbolisieren soll, in der Mithras den Stier tötete und an dessen Stirnseite die Stiertötungsszene anhand den Reliefs dargestellt war. Meistens befinden sich an beiden Seiten des Reliefs noch Statuen der beiden Helfer des Gottes, namens Cautopates und Cautes. Beide tragen je eine Fackel. Bei Cautes ( Personifizierung für den Tag ) zeigt sie nach oben, was den Sonnenaufgang bedeuten soll, Cautopates ( steht für die Nacht ) senkt die Fackel nach unten was den Sonnenuntergang bedeuten soll.  An beiden Längsseiten des Kultganges waren Plattformen, auf denen die Gäste der Zeremonie Platz nahmen. Das Dach war meist gewölbeförmig und mit Himmelssymbolen bemalt.  Der Mithraskult, war übrigens ausschliesslich Männern vorbehalten.

Mithrasrelief aus Osterburken

Weiheinschriften: Im ehemaligen obergermanischen Raum findet sich eine Vielzahl von Weiheinschriften. Sie sind primär dem jeweiligen Haus oder Schutzgott, oftmals zusätzlich dem Kaiser und seiner Familie oder manchmal auch der Kaiserin gewidmet. Anhand einer Inschrift, welche in Grossbottwar, Kreis Ludwigsburg gefunden wurde, wird dies besonders deutlich: IN H(onorem) D(omus) D(ivinae) APOLLINI ET SIRONAE AEDEM CVM SIGNIS G(aius)  LONGINIVS SPERATVS V(eteranus) LEG(ionis) XXII PR(imigeniae) P(iae) F(idelis) ET IVNIA DEVA CONIVNX ET LONGINI(i) PACATVS MARTINVLA HILARITAS SPERANTIANVS FILI(i) IN SUO POSVERVNT V(otum) S(olvervnt) L(aeti) L(ibentes) M(erito) MVCIANO ET FABIANO C(on)S(ulibus).

Kopie des Weihesteines aus Grossbottwar im archäologischen Park Köngen.


 Übers: "Zu Ehren des kaiserlichen Hauses und Apoll und Sirona haben diesen Tempel mit Bildnissen, Gaius Longinius, Veteran der 22. Legion, der allerersten, frommen und treuen und seine Frau Iunia Deva und ihre Kinder Pacatus und Speratianus, auf eigenem Boden errichtet. Sie haben damit ihr Gelübde erfüllt, froh und freudig nach Gebühr. Als Mucianus und Fabianus Konsuls waren. ( Anm: 201 n. Chr. )"
Solche Inschriften, welche auf ein Gelübde hinweisen findet man überall im damaligen römischen Einflussbereich. Das Gelübde war ein Versprechen, was dem jeweiligen Gott gemacht wurde, dass, wenn er einem gnädig gestimmt war oder beschützen würde, man als Dank dafür einen Altar errichten werde. Der Anlass war dementsprechend auch einer, der den besonderen Segen der jeweiligen Gottheit auch bedurfte. Sei es für eine bevorstehende gefahrvolle Reise oder auch die Fürbitte für eine gute Ernte oder vielleicht auch, in Germanien sehr gut vorstellbar, das Überleben in einem bevorstehenden Kampf. Leider ist nur auf wenigen Inschriften der Ursprung des Gelübdes überliefert, aber ein Blick auf den Kompetenzbezeich der angesprochenen Gottheit kann in manchen Fällen Rückschlüsse erlauben. ( Mein Dank geht hier an Herrn Dr. Dietwulf Baatz für seine hilfreichen Erläuterungen. )

Kaiserkult: Eine Verehrung des jeweiligen Kaisers war Pflicht, eine Missachtung unter Strafe gestellt. Das Abbild des amtierenden Kaisers war allgegenwärtig. Sei es auf Münzen, auf deren Vorderseite das Antlitz des Kaisers prangte, oder auf Bronzestatuen, die auf öffentlichen Plätzen aufgestellt waren. Während man sich die Gottheiten, denen man huldigte grösstenteils selber aussuchte, war die oberste Gottheit der Kaiser selber. Gerade hier erwiesen sich wiederum Münzen als hervorragendes Mittel zur Verbreitung des kaiserlichen Abbildes und seiner Propaganda. Sie verbreiteten sich, selbst bei Herrschern, welche nur kurze Zeit im Amt waren, bis in den letzten Winkel der Provinzen.